Pressemeldungen
Letzte Ruhe für Herz und Hirn (21.08.2009)
Körperteile aus der Rechtsmedizin bekommen Ruhestätte
Lange haben Prof. Markus Rothschild, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin der Universität zu Köln, und Josef F. Terfrüchte, Geschäftsführer der Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner eG, auf diesen Moment gewartet: Am 20. August wird die silbern glänzende Urne mit den eingeäscherten Überbleibseln aus rechtsmedizinischen Untersuchungen behutsam abgesenkt. Zahlreiche Knochen, Organe und Gewebereste von etwa 30 Menschen, die zwischen 1995 und 2003 gestorben sind, bekommen hier endlich eine würdevolle Ruhestätte, nachdem sie als Beweisstücke für Gerichtsverfahren nicht mehr benötigt wurden. Auch ganze Skelette, die bei Bauarbeiten des Öfteren geborgen und sichergestellt werden, finden zunächst den Weg in die Rechtsmedizin. Wenn dann durch die Untersuchungen eine Liegezeit von 50 und mehr Jahren herauskommt, müssen auch diese Körperteile nicht mehr aufbewahrt werden und haben jetzt einen angemessenen, letzten Bestimmungsort.
Die Zeremonie fand in kleinem Rahmen statt: der Kölner Oberstaatsanwalt, der Leiter des Instituts für Geschichte und Ethik der Medizin, zwei Seelsorger der Uniklinik und Mitarbeiter des Instituts für Rechtsmedizin waren gekommen.
„Bislang wurden die Organe als medizinischer Sondermüll in roten Tonnen entsorgt“, schildert Prof. Rothschild die unerträgliche Situation der vergangenen Jahrzehnte. „Aber menschliche Körperteile verdienen eine respektvollen Umgang,
hierfür haben wir jahrelang gekämpft und nun endlich eine gute Lösung gefunden“, ist sich Terfrüchte sicher. In einem Patenschaftsgrab der Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner eG sollen nun alle zwei Jahre Organbestattungen durchgeführt werden. Deutschlandweit ist ein solcher Festakt wohl einmalig. Nur in Hamburg wird mit Überresten Verstorbener ähnlich verfahren.
„In Köln hat die Rechtsmedizin besonders günstige Bedingungen angetroffen“, freut sich Prof. Rothschild. Die Kölner Friedhofsgärtner unterstützen das Anliegen durch die Übernahme der Pflegekosten sowie der städtischen Gebühren für die
Nutzungsrechte. Die Bestattung wurde durch das Bestattungshaus Hoffmann unentgeltlich organisiert. Als Grabstelle wurde die Ruhestätte des Kartäuserpriesters und leidenschaftlichen Tulpenzüchters Joseph Becker ausgewählt, der 1812 verstarb.
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Prof. Markus Rothschild und Josef F. Terfrüchte an der Urne mit den eingeäscherten Überresten 30 Verstorbener aus rechtsmedizinischen Untersuchungen.
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Die Grabstätte des sog. „Tulpenkönigs“ und Kartäuserpriesters Joseph Becker, † 1812, wurde als Patenschaftsgrab von der Genossenschaft Kölner Friedhofsgärtner eG übernommen und für die Organbestattungen zur Verfügung gestellt.